
Wenn ich das erste Mal zu einem Tier komme machen ich zuerst eine Anamnese. Hier werden die relevanten Daten erfasst die wichtig für den weiteren Verlauf sind. Auf die Nachfrage, ob das Pferd Auffälligkeiten beim Hufe geben, Putzen, Satteln, beim Reiten oder Ähnlichem zeigt, habe ich schon öfter folgende Antwort bekommen:
„Das macht er/sie schon immer“ oder „das ist doch ganz normal.“
Beschäftigt man sich als Besitzer jedoch länger damit, bzw. nach längerem nachfragen, kommt öfter heraus, dass diese Auffälligkeiten doch nicht schon immer so waren.
Verbringt man viel Zeit im Stall wird man leider unaufmerksamer auf solche kleinen Signale die unser Pferd uns gibt. Ein Pferd kann nicht sprechen (leider, wäre doch toll oder?), aber über solche kleinen „Untugenden“ teilt uns ein Pferd mit, dass irgendetwas nicht stimmt. Dieses “ Das macht er/sie schon immer“-Verhalten als hingegeben zunehmen ist auf keinen Fall eine gute Idee → wir sollten diesen dringend Beachtung schenken!
Pferde und Hunde leben im Hier und Jetzt! Das sollten wir immer beachten wenn wir in den Stall gehen, denn jeder Tag ist anders. Achtet das nächste Mal auf jedes noch so kleine Signal welches euer Pferd euch gibt.
Was sagt mir mein Pferd?
- Kommt mein Pferd auf mich zu wenn ich es hole?
- Wie schaut mein Pferd, wenn ich zu ihm gehe?
- Lässt es sich das Halfter gut anlegen?
- Wie reagiert mein Pferd beim Hufe auskratzen – gibt es jeden Huf freiwillig her, reagiert es empfindlich?
- Wie verläuft das Satteln? Legt mein Pferd dabei die Ohren zurück oder schnappt vielleicht sogar Richtung Sattelgurt?
- Nimmt es das Zaum gut in den Mund – wirft es den Kopf hoch,beißt es in die Hand?
- Will es beim Aufsteigen sofort losgehen oder wartet es gehorsam und aufmerksam bis ich als Reiter sicher im Sattel sitze?
Wie auch immer das Pferd auf eine Situation reagiert: Es sagt dir etwas, und es ist unsere Aufgabe, diese Signale zu bemerken, ernst zu nehmen und nicht als „das machen doch eh alle“ einfach abzutun.
Beispiel: Das Satteln
Das Pferd steht geputzt und erwartungsvoll da und wir kommen mit dem Sattel um die Ecke. Oft reicht auch schon das klimpern der Edelstahlbeschläge oder Steigbügeln um einen bösen Blick zu erhalten. Gibt man den Sattel trotz des deutlichen Signales aufs Pferd (weil er immer so böse schaut) heißt es aufpassen.
Wenn ein Pferd beim Satteln schnappt, sollte darauf geachtet werden, wie genau dieses Schnappen eigentlich aussieht und worauf es sich bezieht.
Es macht schließlich einen Unterschied, ob das Pferd während des gesamten Sattelungsprozesses sich mit in den Strick beißen, zum Sattler schnappen oder Zähne schleifen beschäftigt, oder ein Schnappen eher andeutet, indem es mit einer kurzen Geste seitlich nach hinten schnappt.
Ebenso macht es einen Unterschied, ob sich das Schnappen des Pferdes auf den Sattelgurt, den Sattel oder den aufsattelnden Menschen bezieht.
Danach sollte man beobachten, ob sich das Pferd nach dem Aufsatteln beruhigt hat, oder ob es weiterhin Untugenden und Unbehagen beim Aufsitzen oder unter dem Reiter zeigt.
Daraus können wir dann eruieren, ob dem Pferd das Gesattelt werden, oder der ganze Sattel, nicht passt, oder das Pferd gar mit der Aufgabenstellungen beim Reiten überfordert ist.
Pferde können sprechen!
Auf diese Art und Weise der Kommunikation lernen wir mit den Pferden zu sprechen – über Mimik, Gestik und Ohrenspiel.
Von diesem Standpunkt aus können wir dann beginnen Probleme nach und nach zu lösen. Manchmal überkommt einen automatisch ein komisches Gefühl, wenn ein Pferd sich anders als sonst verhält und denkt „das kann so nicht richtig sein“ und genau da sollte man herausfinden woran das liegen könnte. Genau Beobachten, aber sich gleichzeitig nicht davon verrückt machen lassen.
In Bezug auf das Sattel Beispiel reicht es eventuell schon den Sattelgurt gegen einen längeren auszutauschen, oder eine Sattelunterlage aus Lammfell aufzulegen.
Vielleicht ist es aber auch notwendig einen Tierarzt zu holen der eine osteopathische Behandlung durchführt, dass der Sattel und /oder das Training angepasst werden. Oftmals hilft auch eine entspannende Massage und ein paar Ruhetage um verspannte Muskeln zu lockern um das Wohlbefinden wiederherzustellen.
Pferde schätzen es, wenn man ihnen zuhört, sie ernst nimmt und entsprechend Ihren Bedürfnissen handelt.
LG,
Deine Stephanie